Robert Huger Maßbach

Maßbach

Leitung tot, Patienten weg

Seit dem 18. Dezember 2014 ist die Zahnarzt-Praxis von Felix Kende und Jennifer Hey telefonisch nicht erreichbar. Dadurch gehen Patienten und Einnahmen verloren. Deshalb geht es womöglich bald vor Gericht.

"Habt ihr dicht gemacht?", heißt es in einer E-Mail an Felix Kende. "Viele Leute fragen uns, ob wir bankrott sind", erzählt der Maßbacher Zahnarzt. Dabei ist "nur" das Telefon außer Funktion. Seit nunmehr drei Wochen.
Die Geschichte begann am 18. Dezember 2014. Im Zuge eines Anbieterwechsels von Vodafone zur Telekom sollte eigentlich nur der neue Anschluss installiert werden. Doch das dauert - und kostet Nerven. Zahnärztin Jennifer Hey hat mit ihrem Handy täglich bei der Service-Hotline der Telekom angerufen. "Keiner kann helfen, jeder reicht es weiter", sagt sie. Bis zu zwei Stunden telefonierte sie mit den Service-Mitarbeitern. Doch ohne Ergebnis. Stets kamen nur Ausflüchte: "Dafür sind wir nicht zuständig. Es wird bearbeitet", hieß es.

Ruf geschädigt, Einnahmen fehlen

Jennifer Hey, die zuvor in Bad Königshofen praktizierte, ist erst seit November 2014 in der Maßbacher Praxis. Kurz vor dem missglückten Anbieterwechsel hat sie in Visitenkarten und in Werbung im Amtsblatt investiert. "Diese Rufnummer ist nicht vergeben", bekommen Anrufer zu hören, wenn sie die Nummer der Gemeinschaftspraxis wählen. "So ist das schwer mit dem Neuanfang", sagt Jennifer Hey. Wirtschaftlich gesehen sei das eine Katastrophe - vor allem wegen ausbleibender Patienten. Momentan zehren die beiden Ärzte hauptsächlich von Terminen, die im vergangenen Jahr vereinbart wurden. "Wir rechnen mit einem Verlust von 1000 Euro pro Tag", sagt Felix Kende. Das heißt, dass die Gesamtsumme im fünfstelligen Bereich liegen müsste. Die Ärzte können versuchen, diesen Verlust vor Gericht einzuklagen. Eine Anwältin haben sie bereits engagiert.

Recht auf Telefonanschluss

"Das kann in der heutigen Zeit doch gar nicht sein", sagt Anwältin Yvonne Hub. Den Schaden könne man allein mit Geld gar nicht aufwiegen. Schließlich sei das auch ein Rufverlust, wenn die Patienten am Telefon hören, dass unter der angegeben Nummer - die viele seit Jahren kennen - niemand erreichbar ist.
Fakt ist: Jeder Bürger hat ein Recht auf einen funktionierenden Telefonanschluss. Laut Paragraph 46 des BGB sind die Telefonanbieter bei einem Anbieterwechsel verpflichtet, dafür zu sorgen, dass "die Leistung des abgebenden Unternehmens gegenüber dem Teilnehmer nicht unterbrochen wird". Weiter darf der Anschluss höchstens einen Tag außer Funktion sein. Falls der neue Dienstleister (Telekom) diese Bedingung nicht erfüllen kann, muss eigentlich der alte Anbieter (Vodafone) den Anschluss wieder freigeben. Aber so einfach ist das alles anscheinend nicht. "Das geht nur im Auftrag der Telekom", sagt Yvonne Hub. Auf ihre Schreiben an Telekom, Vodafone und Bundesnetzagentur hat die Anwältin bisher keine klärenden Antworten erhalten.

Vodafone räumt Schuld ein

Eine Anfrage der Saale-Zeitung bei Vodafone brachte Klärung. Die Telekom trifft in diesem Fall trotz seltsamer Kundenkommunikation keine Schuld. "Der Fehler liegt bei Vodafone", sagt Pressesprecher Volker Petendorf. Kunde und Telekom hätten alles richtig gemacht. Ein Vodafone-Mitarbeiter habe schlicht versäumt, die von der Telekom gemietete Telefonleitung zum vereinbarten Zeitpunkt an diese zurückzugeben.
Das sogenannte "Portieren", also die Abkopplung der Rufnummer vom alten Anschluss, dauere im Normalfall rund zehn Tage und wurde jetzt veranlasst. "Wir versuchen aber die Sache zu beschleunigen", sagt Volker Petendorf.
Hinsichtlich der Kostenerstattung sieht man bei Vodafone keine Probleme: "Bis jetzt ist es uns immer gelungen, eine einvernehmliche Lösung zu finden", sagt Volker Petendorf. Eine außergerichtliche Einigung scheint also durchaus realistisch. Ein Gerichtsprozess bleibt den Zahnärzten wohl erspart.
Kein Wunder, dass sich die Telekom kurz vor dem geplanten Wechsel noch in freudiger Erwartung zeigte: "Freuen sie sich, lieber Kunde, bald geht es los", hieß es dort.

Der Monteur hat's geahnt

Doch schon der erste Besuch des Monteurs verhieß nichts Gutes. "Er schüttelte nur immer wieder den Kopf und sagte: Das Problem liegt tiefer. Da haben Sie das große Los gezogen", erzählt Felix Kende.
Das es mehrere Wochen dauern könnte, darüber scherzten Felix Kende und Jennifer Hey erst nur: "Du wirst sehen, nach dem Urlaub funktioniert immer noch nichts", hatte Felix Kende gesagt. Leider kam es tatsächlich so. Seit dem 13. Januar gibt es immerhin zwei provisorische Nummern, unter denen die Praxis im Jägergarten erreichbar ist: 09735/ 5819 898 und 01579/ 2323 738.
Kommentare zum Artikel:
Neutral wroeder (58 Kommentare)
Ich bin auch Patient

in dieser Praxis und habe auch tagelang versucht diese telefonisch zu erreichen, was natürlich nicht gelang. Nachdem ich mich dann aufgemacht habe und persönlich in der Praxis vorgesprochen habe, wurde ich über den traurigen Stand der Dinge informiert.
Beim heutigen Stand der Supermodernen Kommunikationstechnik muss ich sagen, dass so ein Fall, egal welche Gesellschaft jetzt schuld ist ein Armutszeugnis ist. Hauptsache in der Werbung funktioniert alle gut.

 

Neutral ticktricktrack (333 Kommentare)
Gefangen

in den Mühlen dieser Abzocker.
Eine ordentliche Vertragsauflösung mit Abgang zu einem Mitbewerber ist seitens dieser Drittanbieter nicht gewünscht. Also kolpoltiert man diesen solange, bis er einknickt und da bleibt. Ich hoffe, dass die Geschädigten das Durchziehen und sich nicht ablubbern lassen.
Diesen Schaden würde ich durch einen Gutachter bewerten lassen und dann an einen Anwalt übergeben. zeigen wo der Hammer hängt, heisst hier die Devise.
Man braucht halt leider ein resistentes Nervenkostüm
Viel Glück und noch mehr Kraft an die Leidtragenden.
so bleibe ich doch immer wieder bei der Telekom: die sind unter diesen Blinden die Sehendsten.